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Aus: "Datum" 9/2006
Autor: Gerhard Stöger

Musik aus Österreich

ZEITLOS IN GUT

Zeitlosigkeit ist eine zweischneidige Qualität. Ihre positive Bedeutung liegt auf der Hand, meint aber meist Musik aus der Vergangenheit. Bezeichnet man dagegen aktuelle Veröffentlichungen – zumal unbekannter junger Künstler – als zeitlos gut, heißt das häufig, dass jemand mal wieder konsequent am aktuellen Geschehen vorbeimusiziert hat und sich daher kaum jemand dafür interessieren wird. Der österreichische Singer/Songwriter Chris Gelbmann ist so ein Typ.

Einer, der zeitlose Lieder macht und in seiner uneitlen und selbstreflexiven Art gezwungenermaßen vorbeischrammt an dem, was gemeinhin mit dem Stempel „zeitgemäß“ versehen wird. Trendjäger sind bei Gelbmann fehl am Platz. „Ich bin kein hipper Typ“, sagt er über sich selbst. Ganz ernsthaft und frei von Koketterie.

Soeben hat der in der niederösterreichischen Hinterbrühl lebende Musiker mit „Milos And More“ sein zweites Soloalbum veröffentlicht. Zeigte die vergleichsweise deutlich großzügiger arrangierte CD „The Pink Beast Of Love“ letztes Jahr noch Tendenzen zu gepflegtem Erwachsenenpop der Marke James Blunt, beschränkt sich der 34-Jährige jetzt fast durchgängig auf seine Stimme und eine akustische Gitarre. Klassisches Singer/Songwritertum eben, wie es häufig, aber ebenso klassisch daran scheitert, dass der Verzicht auf Verzerrer, Verstärker und eine vernünftige Instrumentierung oft eher zu langweiliger Nabelbeschau als zu echter Intimität führen. Gelbmann aber hat etwas. Gute Melodien stehen hier ebenso auf der Habenseite wie eine in ihrer zarten Brüchigkeit markante und bei aller Emotionalität nie larmoyante Stimme.

So hört man ihm nicht nur gerne zu, sondern drückt nach dem Ende der 35 Minuten Musik von „Milos And More“ tatsächlich wieder auf „Play“. Und wieder. Und wieder. Chris Gelbmann macht dabei nicht nur gute Songs, er hat auch eine interessante Biografie. Nach dem Flop seiner ersten Musikerkarriere wechselte er die Seiten und arbeitete hinter den Kulissen des Musikgeschäfts.

Anfangs stellte er für den Musikmulti EMI CD-Sampler zusammen, später wurde er beim Marktführer Universal A&R-Manager. Dort kümmerte er sich nicht nur um die kommerziell unglaublich erfolgreiche Tonträgerverwertung der ORF-Castingshow „Starmania", sondern überredete nebenbei auch Andre Heller zu einem späten Comeback als Musiker. Ergebnis war die vielgelobte Dreifach-CD „Ruf und Echo“. Irgendwann waren ihm die eigene Musik und der Idealismus wieder wichtiger als der gut dotierte Job. „Man muss immer schauen, welchen Preis man für etwas zahlt“, meint er rückblickend. „Und ich wollte den Preis Zynismus nie bezahlen, denn das krampft die Seele ein.“

Was der Musikmanager Gelbmann glaubt, wie viel man vom Künstler Gelbmann verkaufen könne? „Sehr wenig“, antwortet er. Aber dabei lacht er und zeigt sich damit auch angenehm immun dem österreichischen Hättiwari-Denken gegenüber. „Ich werde sicher nicht darüber philosophieren, welche Medien schuld sind, wenn ich keinen Erfolg habe. Es ist völlig blunzn, denn ich kann es eh nicht ändern.“

Auf fast rührende Art setzt Gelbmann – für FM4 ist er zu konservativ, für Ö3 zu wenig formatgerecht – stattdessen auf den direkten Kontakt zu seiner Hörerschaft. Von „Minimarketingdingen“ spricht er und vom Versuch, jeden einzelnen Fan mit allen Mitteln an sich zu binden. Hoffentlich verliert er den Überblick über seine Fans, bevor alle Universal-Ersparnisse aufgebraucht sind.

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Datum 9/2006
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Musikmagazin.at / 3.11.05
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Kurier / 12.11.05
Wiener Zeitung /11.2.06
www.wienerzeitung.at /11.2.06
Kangarradio / März 2006

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Hank Shiffman / 12. 7. 2006
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